Die Tänzerin
Das Jahr 2012, in dem sich der Geburtstag des japanischen Schriftstellers, Übersetzers und Arztes Mori Rintarô, genannt "Ôgai" (1862–1922), zum 150. Mal jährt, ist ein willkommener Anlass, den selten gezeigten Film "Die Tänzerin / Maihime" von SHINODA Masahiro aus dem Jahr 1989 wiederaufzuführen. Handelt es sich bei diesem Werk doch um die erste und zugleich letzte Koproduktion DDR/BRD/Japan. Die Dreharbeiten fanden im Herbst 1988 in Berlin statt, am Gendarmenmarkt, in der Husemannstraße und der Charité sowie in Kreuzberg, als der Viktoriafall noch plätscherte. Als Hauptdarsteller hatte man GO Hiromi gewinnen können, einen jungen Star der Samurai-Filme Shinodas, der das Weichherzige des Helden ÔTA Toyotarô gut verkörperte. Lisa Wolf, die Darstellerin der "Elis", war damals in Deutschland als Starlet einer TV-Serien aufgefallen. Als Nebendarsteller brillieren Rolf Hoppe als Robert Koch und Irma Münch als Pensionswirtin.
Der Film ist eine Umsetzung von Mori Rintarôs bekanntestem literarischen Werk, das bis heute das Berlin-Bild vieler Japaner prägt. Es geht um den Werdegang eines jungen japanischen Studenten in einer Umbruchperiode Japans, um seine Begegnung mit der europäischen Kultur im weitesten Sinne und um die tragische Liebesgeschichte mit der Tänzerin Elis vom Viktoria-Theater. Shinoda verwebt den Handlungsstrang mit dem im Raum Dresden spielenden Werk "Der Briefbote / Fumizukai" desselben Autors und ergänzt es mit Tatsachen aus dessen Studienaufenthalt in Deutschland. So ist der Held nicht mehr Politik-Student, sondern, wie der Autor selbst, Mediziner und Schüler Robert Kochs. Der historische Hintergrund der Bismarck-Zeit wird durch Szenen zur Sozialistenbewegung angedeutet.
Bei den Dreharbeiten 1988 äußerte Shinoda sich in einem Interview: "Ein junger Mann, der ganz von Sendungsbewusstsein und Nationalstolz erfüllt ist, erfährt individuelle Freiheit, ausgelöst durch eine Liebesbeziehung. Wenn Menschen durch eine solche Liebe frei werden, erheben sie sich über die Nation bzw. den eigenen Staat, so wie es auch in der Wissenschaft keine Grenzen gibt... "