Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Asien- und Afrikawissenschaften

Johannes Heymann

Akademischer Werdegang
Foto
Name
Johannes Heymann
E-Mail
johannes.heymann (at) hu-berlin.de

Einrichtung
Humboldt-Universität → Präsidium → Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät → Institut für Asien- und Afrikawissenschaften → Kulturen und Gesellschaften Südasiens
Sitz
Invalidenstraße 118 , Raum 216
Sprechzeiten
Nach Anmeldung per E-Mail mittwochs 12-13 Uhr.
Postanschrift
Unter den Linden 6, 10099 Berlin

Johannes Heymann studierte im Anschluss an den Kombinationsbachelor Geschichte und Regionalstudien Asien- Afrikawissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin im Masterstudiengang Geschichtswissenschaften mit Schwerpunkt Mittelalterliche Geschichte, den er im Mai 2020 mit der Masterarbeit zum Thema: „Migration, Peregrinatio, Mission – Hochmittelalterliche Mobilität in der Vita quinque fratrum und der Epistola ad Henricum des Brun von Querfurt“ abgeschlossen hat. Im Anschluss daran wurde er von der Humboldt Graduate School mit einem Stipendium (Humboldt Research Track Scholarship) gefördert. Seit dem 16. November 2020 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seminar für Südasienstudien des IAAW.

 

 

Dissertationsprojekt von Johannes Heymann

„Deutsche Missionare im 19. Jahrhundert in Indien im Spannungsfeld von Kolonialismus, Politik und Mission“

Das Dissertationsprojekt beschäftigt sich mit der Rolle deutscher Missionare und christlicher Konvertiten während des Sepoy-Aufstands 1857-1859 in Indien. Der Aufstand stellt eine Zäsur in der Geschichte des britischen Empires dar: Nach seiner Niederschlagung wurde der moderne Kolonialstaat Britisch-Indien geformt.

Missionare waren in ihrer komplexen Verflechtung mit Kolonialregimen eine bedeutende Akteursgruppe der Globalisierungsgeschichte. Die von ihnen beeinflusste soziale Umgebung lässt sich mit Helge Wendt als „missionarische Gesellschaft“ bezeichnen. Die Promotion will eine solche missionarische Gesellschaft exemplarisch, wie unter einem Brennglas, in der Region Chotanagpur untersuchen.

Dort rebellierten nicht nur sehr schnell und intensiv mehrere Kleinkönige gegen die Briten, auch die lokale, kulturell eigenständige Mehrheitsbevölkerung der Kol (Adivasi) war auf besondere Weise in die Konfliktsituation involviert. Zudem hatte in Chotanagpur seit 1845 die deutsche lutherische Gossner Mission besonders aktiv unter den Kol gewirkt. Die konvertierten Christen und die durch die Rebellion vertriebenen Missionare mussten sich in den sich verändernden Machtstrukturen neu verorten. Die Promotion vergleicht die Situation der missionarischen Gesellschaft vor, während und nach dem Sepoy-Aufstand. Als Leitfaden der Untersuchung dienen drei Fragestellungen:

1. Welches diskursive Wissen generierten die Missionare in dieser Zeit über Indien im Allgemeinen und die Rebellion im Besonderen, und welche politische Relevanz hatte dieses? In welche Netzwerke waren sie eingebunden?

2. Wie verhielten sich traditionelle Stammesgemeinschaften zur antikolonialen Rebellion und welche Rolle spielten dabei die Neu-Christen?

3. Wie verhielten sich Missionare und Missionierte in Bezug auf konkurrierende kulturelle Praktiken, Religionen und Machtansprüche im Kontext des antikolonialen Aufstands?

Die Fragestellungen der Arbeit haben das Potential, mehrere historische Erkenntnisse zu generieren: Erstens können Narrative der Missionsgeschichtsschreibung einer kritischen Neubewertung unterzogen werden. Die Geschichte der Gossner-Christen in Indien und damit eines bedeutenden Teils der Kols Chotanagpurs wird somit an die Postcolonial History anschlussfähig. Zweitens ermöglicht der Forschungsansatz einen Blick auf die Geschichte der „Great Indian Rebellion“ als einer Geschichte von unten: Indem insbesondere die Praktiken der Minderheit der Christen in Chotanagpur und der sog. „Scheduled Tribes“ fokussiert werden, können offizielle Perspektiven auf die Rebellion gegen den Strich gelesen werden. Und schließlich können die dualistischen Annahmen der bisherigen Forschung zum Thema des Sepoy-Aufstands in Indien einer Zweiteilung von Akteursnetzwerken zwischen den Christen, Missionaren und Briten auf der einen und Sepoys, Landbesitzern und nicht-christlicher Bevölkerung auf der anderen Seite bzw. zwischen Kols und Nicht-Kols einer kritischen Revision unterzogen werden.

Das Promotionsvorhaben steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem von der DFG geförderten Langfristprogramm Modernes Indien in Deutschen Archiven (MIDA). Für den 2020 beginnenden dritten Förderzeitraum stehen die deutschen Missionsarchive im Vordergrund der Erschließung. Archivarbeiten, die im Rahmen der Promotion notwendig sein werden, können direkt in die Datenbank von MIDA einfließen.