Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Asien- und Afrikawissenschaften

Rena Masuyama

 

1. September bis 8. Oktober 2004



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Akaku sasou hito / "Verführende in Rot"
Selbstportrait als Schwangere


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Bunri suru karada / " Getrennte Körper"
Abschlußarbeit an der Staatlichen Hochschule der Künste Tokyo


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"Lan to Face"
Zusammen mit dem koreanischen Künstler Lee hai min sun


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Aus der Serie: Bunri suru kabe "Getrennte Wände"


Rena Masuyama
geboren 1976 in Chiba.
    Bereits als Oberschülerin bestieg die mutige und unternehmungslustige junge Frau die Gipfel des Himalaya. Beim Anblick des ergreifenden Sonnenuntergangs faßte sie den Entschluß Malerin zu werden, um über die Kunst die Herzen der Menschen zu erreichen.
    1995 wurde sie Studentin an der Tokioter Akademie der Künste. Malerei und Life-Performances stehen im Zentrum ihrer künstlerischen Entdeckungsreise, gleichzeitig ist sie für andere Kunstrichtungen und Erfahrungen offen: Body painting, Porträt- und Bühnenbildmalerei, Buchgestaltung und -Illustration, Filmkunst; sie betreibt sogar eine eigene kleine Firma "Rena Jeans" mit jugendlicher Unikat-Kleidung von ihr bemalt.
    Ihr zentrales Thema ist die "Wiedererweckung des Körpers" (shintaisei no fukkatsu). Vor allem des weiblichen Körpers, seines Eros, seiner Fähigkeit Leben zu gebären, seiner Eigenständigkeit und Wandelbarkeit. So verwundert es nicht, daß die attraktive Rena Masuyama sich selbstbewußt auf ihren Körper besinnt, als Frau und junge Mutter gleichermaßen. Eine Selbstentdeckung, die für sie während der Schwangerschaft 2001 begann. Die schwangere Frau steht für sie in verschiedenster Weise für den Grenzbereich zwischen Hier und Dort, Leben und Tod, Ver-rücktheit und Vernunft usw. Dieser Grenzbereich wie auch das Abgetrenntsein sind seither Thema ihrer Kunst.
    Als moderne Japanerin stellt sie ihre fotogene Ausstrahlung gleichermaßen im verhüllenden, kunstvollen Kimono unter Beweis, wie sie im sommerlichen Alltag und auf ihren Bildern gern nackte Haut zeigt. Ihre Ästhetik, die Medienversiertheit und der spielerische Wagemut sind stellvertretend für viele junge Frauen im heutigen Japan.    &/nbsp/Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen führten sie bisher von Tokyo nach Berlin (2002), Hong Kong, Macao, Seoul. Gelegentlich schreibt sie Buchkritiken oder hält Vorträge über die Rolle und Möglichkeiten der Kunst in der heutigen Welt.

2002 im September wurde ihr der Preis von Radio F/M Tokyo für Event-Kunst verliehen.

Im März 2003, kurz vor Beginn des Irak-Krieges, protestierte sie mit Gleichgesinnten in einer spektakulären Aktion gegen den drohenden Krieg und die Beteiligung Japans: eine Demonstration junger Frauen in rosafarbenen Bikinis. Diese Demo war die Geburtsstunde der Vereinigung "pfirsichfarbener Guerillas", die Ausstellungen, Performances und Shows gegen den Krieg organisieren zusammen mit Schaupielern, Puppenspielern und Straßenmusikern.

Anfang 2004 reiste Rena nach Baghdad und nahm Kontakt zu irakischen Künstlern auf, die, wie sie in Interviews berichtete, nach die Befreiung von der Diktatur nun eine lebendige Kreativität entfalten. Sie malte gemeinsam mit irakischen Künstlern, besuchte Schulen, Galerien, Ateliers, suchte aus und kaufte an für eine Ausstellung in Tokyo: "Moderne irakische Kunst" mit Malerei, Animation und Musik. Die Kunstwerke sollen einen Eindruck vom Leben und Fühlen im Irak vermitteln jenseits der durch Medien strapazierten Bilder von den Kriegsschauplätzen und Greueltaten. Ab Sommer 2004 wird diese Ausstellung über das von ihr geschaffene Netzwerk in Seoul zu sehen sein.
    Mehrere Werke entstanden inzwischen gemeinsam mit koreanischen (Brokkoli-Serie) und irakischen Künstlern, eine Coproduktion, die sie in Berlin fortsetzen möchte.

Rena Masuyama hat ihren Schock bei Ausbruch des Irak-Krieges produktiv gemacht, indem sie eindringlich und zunächst plakativ ihrer Erschütterung und ihrem Protest gegen den Krieg an sich und gegen die Haltung der japanischen Regierung künstlerisch Raum gab. Dem politischen Desinteresse ihrer Generation versucht sie ihr "Love & Art Network" (LAN, auch Local Area Network) entgegenzusetzen - ein künstlerischer Appell an die persönliche Verantwortung, das Engament des Einzelnen wie in "Einer macht den Anfang".
    Aus dem Irak zurückgekehrt entstand die sandfarbene Serie "Baghdad in mir" - sie ist ein Spiegel der Wüste, der Verwüstungen, der Schmerzen und der Ohnmacht, die auch lange nach der Rückkehr noch in ihrem Körper nachwirken, mit Bereichen ihrer Seele korrespondieren. Die Wunden in ihren Bildern sind nicht zu übersehen. Die hier unter dem Titel "Bunrisuru karada" ausgestellten Werke sind eine Auseinandersetzung mit den Themen: fragmentiert, zerstückelt, abgespalten sein, Besatzung und Besetzung sowohl im engen persönlichen Bereich wie in der Welt außerhalb, weil beides eben nicht getrennt voneinander existieren kann.
    Ihr bisheriges Werk verzeichnet eine Vielzahl von Stilen und Ausdrucksformen. Man begegnet einem vielfältigen Patchwork - welchen Weg das eines Tages ergeben wird, ist noch ungewiß, und gerade das macht ihre aufrichtige Suche so sympathisch.

Rena Masuyama ist heute ungefähr genauso alt wie Mori Ôgai, als er 1887/88 in Berlin studierte. Die Mori-Ôgai-Gedenkstätte freut sich, diese bemerkenswerte und mutige Künstlerin vom 1. September bis 8. Oktober vorzustellen.

Links:
Grußwort der Künstlerin
Homepage Rena Masuyama