Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Asien- und Afrikawissenschaften

10. Dezember: Ehre und Rache in Mori Ôgais Novelle "Die Vendetta von Gojiingahara" (1913)

Vortrag von Prof. Dr. Doris G. Bargen,University of Massachusetts Amherst
  • Wann 10.12.2015 von 18:15 bis 20:00
  • Wo Mori-Ôgai-Gedenkstätte, Luisenstr. 39, 10117 Berlin
  • iCal

Ehre und Rache bedingen einander und fordern sich gegenseitig heraus. Beide Begriffe stellen moralische Werte dar, die aus spezifischen kulturellen Umständen hervorgehen. Ein verletztes Ehrgefühl führt über die spontane Rache oftmals zu langwierigen Familienfehden. Wie kann dieser uralte Durst nach Rache gestillt werden? Der moderne Staat beispielsweise untersagt Selbstjustiz und versucht, die retributive Gewalt durch die Rechtsprechung zu zähmen. In seiner historischen Novelle über die Vendetta von Gojiingahara im Jahr 1834 befasst sich Mori Ōgai 1913 mit den unorthodoxen Strategien des Tokugawa Regimes, Ehre und Rache zu regulieren. So schrieb das Shogunat vor, dass Fehden nur mit offizieller Erlaubnis durchgeführt werden durften und nach einer Runde beendet werden mussten. Was zeichnet die an der Vendetta von Gojiingahara Beteiligten bei ihren individuellen Versuchen aus, den eingeschränkten Zyklus der Blutrache zu beenden?

 

Doris G. Bargen ist Professorin für Japanstudien an der University of Massachusetts Amherst. Sie wurde im Fach Amerikanistik an der Eberhard Karls Universität Tübingen promoviert. In Amerika wandte sie sich 1980 dem Studium Japans zu und hielt ihre ersten Vorträge an der Harvard University und Indiana University, die entscheidend zu ihrem Fachwechsel beitrugen.

Im September 2015 hat sie ihr drittes Buch, Mapping Courtship and Kinship in Classical Japan: The Tale of Genji and its Predecessors, beim Verlag der University of Hawaii veröffentlicht. Dieses Buch und ihr erstes, A Woman’s Weapon: Spirit Possession in The Tale of Genji (1997), behandeln eines der wichtigsten Werke der japanischen Literatur, Murasaki Shikibus Genji monogatari (ca. 1010; Die Geschichten des Prinzen Genji), im Kontext des zeitgenössischen literarischen Schaffens am kaiserlichen Hof. 

Die viel zitierte Abscheu vor Gewalt unter der japanischen Aristokratie der Heian-Zeit führte sie zur Erforschung der Samurai-Kultur. Dabei hat das stark an den Werten der höfischen Kultur orientierte Kriegerepos Heike monogatari (1371; Erzählungen von den Heike) wichtige Impulse gegeben, die schließlich zu ihrem zweiten Buch, Suicidal Honor: General Nogi and the Writings of Mori Ōgai und Natsume Sōseki (2006), führten. Ihr neues Projekt über “Assassins and Avengers” knüpft an dieses Buch an.

Im Herbst 2015 verbringt sie ein Forschungssemester in Berlin (Freie Universität und Mori-Ōgai-Gedenkstätte der Humboldt-Universität) und Kyōto (Universität Dōshisha).