Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Asien- und Afrikawissenschaften

Mori Ôgai an der Schnittstelle von Wissenschaft und Kunst

  • Wann 13.03.2014 von 18:15 bis 20:00
  • Wo Mori-Ôgai-Gedenkstätte, Luisenstrasse 39
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Vortrag von Beate Wonde zur Finissage der Ausstellung "Mori Ôgai als Lehrer für künstlerische Anatomie"


Welche Rolle spielte die Anatomie in den deutsch-japanischen Medizinbeziehungen seit den 1870ern und in Mori Rintarôs (Ôgais) Ausbildung und Umfeld? Wie verlief die Begegnung des Mediziners mit der europäischen bildenden Kunst während seines Studienaufenthaltes 1884-88 in Deutschland: sein Austausch mit den Malerfreunden HARADA Naojirô, Julius Exter, Gabriel von Max. Ein Beispiel für die literarische Reflexion des Themas „künstlerische (plastische) Anatomie“ ist die Erzählung „Hanako“ von 1910: die Begegnung Auguste Rodins, des überragenden Künstlers, der „unter die Oberfläche schauen kann“ mit dem gleichnamigen japanischen Modell, deren gedrungener Körperbau sich durch eine ganz eigene, bodenständige Schönheit auszeichnete. Ôgai gelingt es hier, „eine pointierte Beschreibung der subtilen Interferenzen zwischen der inneren und der äußeren Natur des menschlichen Wesens“ zu geben.

Im zweiten Teil wird aufgezeigt, über welche Aktivitäten Ôgai sich unmittelbar nach seiner Rückkehr nach Japan einen Namen als Koryphäe für deutsche Ästhetik und Kunst erwarb, wie persönlichen Beziehungen zu einem Lehrauftrag an der Tokyoter Kunstschule und dieser wiederum zur Begründung des Faches Plastische Anatomie in Japan führte. Unter Rückgriff auf vornehmlich deutsche Standardwerke erschienen in der Folge eine Reihe von Publikationen und die ersten japanischen Lehrbücher zur Anatomie für Künstler.

Auch hier war die wissenschaftlich-künstlerische Mission zunächst eng mit sprachschöpferischen Innovationen verbunden.

Die langjährige Beschäftigung Beate Wondes mit den Themen Ôgai und Kunst / Theater / Literatur bzw. deutsch-japanische Medizingeschichte führt zu einer eigenen Sicht auf die Aktivitäten und auf das Beziehungsgeflecht, in dem Ôgai sich bewegte. Der Fokus liegt auf überraschenden disziplinären und personellen Interaktionen. Ihr Ziel ist es - eingedenk der vielen offenen Fragen - aufzuzeigen, wie Wissenschaft und Kunst sich bei Ôgai, aber auch bei Louis Pasteur oder Hans Virchow u.a. Zeitgenossen nicht nur ergänzten, sondern aus demselben kreativen Quell stammten, sich gegenseitig bedingten.